Thomas Magruder, NOFFZ Technologies
Milos Radulović, NOFFZ-Forsteh Technologies
Markus Solbach, NOFFZ Technologies
Vanessa Blumenstein, NOFFZ Technologies
Dr. Tim Hentschel, Barkhausen Institut gGmbH
Schwerpunkte der Fallstudie
- Das Software-Framework abstrahiert die komplexe Interaktion mit der Hardware, sodass sich die Forscher auf ihr Fachgebiet konzentrieren können.
- Die Frequenzabdeckung von 71 bis 76 GHz mit 2 GHz Bandbreite wird mit FPGAs kombiniert, um Signale in Echtzeit zu verarbeiten und digitale Signalverarbeitung zu implementieren.
- Die modulare, skalierbare Systemarchitektur soll die Unterstützung neuer Softwareumgebungen durch API-Erweiterungen ermöglichen
— Thomas Magruder, NOFFZ Technologies
„Mit unserer kurzfristigen Softwareentwicklung einer Python-API und FPGA-Ergänzungen konnten wir das NI-mmWave-Testsystem in eine herausragende Prototypenerstellungsplattform für die gemeinsame drahtlose Kommunikation und Radarsensorik verwandeln, was für die 6G-Forschung am Barkhausen-Institut unerlässlich ist.“
Die Aufgabe
Theoretisch basieren drahtlose Kommunikation und Radarerfassung auf demselben physikalischen Phänomen – nämlich der Ausbreitung elektromagnetischer Wellen – und können daher dieselbe Wellenform, dasselbe Spektrum und dieselbe Hardware verwenden. In der Praxis erfordert dies jedoch umfangreiche Forschung und Prototypenerstellung, um die Machbarkeit neuer Wellenform- und Hardwaredesigns zu bestimmen.
Die Lösung
Gemeinsam mit NOFFZ erreichten die Forscher des Barkhausen Instituts mit dem mmWave Testsystem schnell erste Meilensteine. Die modulare Plattform mit Python-API und FPGA-Ergänzungen, die NOFFZ implementierte, ermöglichte es den Forschern, Kommunikationsalgorithmen zu testen und ihr Konzept zu demonstrieren. Ergebnisse zu Chirp-basierten Wellenformen und HF-Hardware-Herausforderungen wurden bereits in von Fachleuten begutachteten Artikeln veröffentlicht.
Kombinieren von Kommunikation und Sensorik
Autonome Fahrzeugnetzwerke beinhalten neben anderen Anwendungen bereits sowohl Radarerfassung als auch drahtlose Kommunikation. Traditionell arbeitet jeder Dienst – Radar und Kommunikation – auf seinem eigenen Frequenzband und erfordert eine eigene Hardwareplattform. In 6G werden jedoch wahrscheinlich beide Funktionalitäten integriert sein und dieselbe Wellenform teilen. Dies ermöglicht eine effiziente Nutzung von Hardware und Spektrum, verbessert die Effizienz beider Dienste und eröffnet die Möglichkeit für viele neue Anwendungen. Dieser Ansatz ist als Joint Communication and Radar Sensing (JC&S) oder Integrated Sensing and Communications (ISAC) bekannt, und die Vision besteht darin, Radar als Dienst (RaaS) auf Abruf im Kommunikationsnetz anzubieten, wobei dieselben Funkressourcen wiederverwendet und eine einzelne Hardwareplattform herangezogen wird (Abb. 1). Das Barkhausen-Institut in Dresden forscht an einem solchen JC&S-System und verwendet für seine Hardware-Validierung ein von NOFFZ entwickeltes Software-Framework, das es Forschern ermöglicht, das mmWave-Sende-Empfangs-Gerät-System von NI für die effiziente Prototypenerstellung zu verwenden.
Testanforderungen für JC&S-Prototypenerstellung
JC&S wird voraussichtlich eines der Hauptmerkmale in Beyond 5G (B5G)-Netzwerken sein. Die Kombination von Radar- und Kommunikationssystemen erfordert die Entwicklung kosten- und leistungseffizienterer Sende-Empfangs-Geräte. Am Barkhausen-Institut untersuchen Forscher neue Wellenformen und geeignete Signalverarbeitungstechniken, die für beide Zwecke effizient und kostengünstig eingesetzt werden können. Im August 2019 eröffneten sie eine öffentliche Ausschreibung für ein 74-GHz-mmWave-Sende-Empfangs-Gerät-System, das sowohl das Design als auch die Validierung von Kommunikations- und Radartechnologien ermöglicht. Das Know-how von NOFFZ in der Hardwareplattform NI mmWave Test System, der Hochdurchsatz-FPGA-Programmierung und der allgemeinen Softwareentwicklung passte hervorragend dazu, den Forschern des Barkhausen-Instituts eine einfache API zur Steuerung der Generierung und Messung willkürlicher Wellenformen im mmWave-Bereich bereitzustellen.
Lösungsübersicht und Vorteile
NOFFZ lieferte ein komplettes Testsystem einschließlich eines Software-Frameworks, das es dem Forscher ermöglicht, sich auf seine Fachkompetenz zu konzentrieren und die komplexe Interaktion mit der Hardware zu abstrahieren.
Die ausgewählte Hardwareplattform (NI-mmWave-Sende-Empfangs-Gerät-System mit Funkköpfen) deckt Betriebsfrequenzen von 71 bis 76 GHz mit einer Echtzeitbandbreite von 2 GHz und einem analogen Verstärkungsbereich von 55 dB ab. Es wurde auch wegen der drei Betriebsmodi ausgewählt, die sowohl für TX- als auch für RX-Pfade verfügbar sind. Das System umfasst Basisband- und ZF-Hardware, was die Flexibilität bei der Verwendung verschiedener HF-Frontends oder der Verwendung von nur ZF- oder Basisbandsignalen ermöglicht. Es unterstützt I/Q-Abtastraten von bis zu 3,072 GSps und eine I/Q-Datenauflösung von 12 Bit. Die integrierten Flexrio-FPGAs von NI könnten verwendet werden, um die 2-GHz-Kanäle in Echtzeit zu verarbeiten oder verschiedene digitale Signalverarbeitungsalgorithmen (DSP) zu implementieren. Darüber hinaus könnte die Systemarchitektur neue Softwareumgebungen durch API-Erweiterung unterstützen.
Der zweite Vorteil besteht in der Systemsynchronisation. Die beiden PXI-Systeme können unabhängig voneinander oder im synchronisierten Modus betrieben werden. Für letzteren Modus wurde der Basiskonfiguration des mmWave-Sende-Empfangs-Gerät-Systems ein Timing- und Synchronisationsmodul (NI PXIe-6674T) hinzugefügt. Die beiden PXI-Systeme können sich einen Starttrigger für die Übertragung und beide Empfänger teilen. Alternativ können sie in LOs mit kohärenter Betriebsteilung arbeiten. Sobald das System initialisiert ist, beträgt die Synchronisationsstabilität (Trigger-Jitter) weniger als 1 ns. Damit wird der geforderte Wert von 25 ns bei weitem erreicht.
Die beschriebene Systemarchitektur gewann die Ausschreibung auch wegen der skalierbaren und modularen Anwendungssoftware. NOFFZ konzipierte drei Module:
1. mmWave-Anwendung zur Gerätesteuerung
2. Befehlsdienst-App
3. Python-API
Wie in der Ausschreibung gefordert, wurde die Gerätefernsteuerung über die Python-API implementiert. Die auf dem NI-mmWave-System laufenden Module wurden mit NI LabVIEW implementiert. Das NI-LabVIEW-FPGA-Modul ermöglicht die Erweiterung des FPGA-Referenzcodes für die digitale Basisbandabdeckung sowohl im TX- als auch im RX-Pfad. Die Module und Anwendungen kommunizieren miteinander über die TCP-Bibliothek ZeroMQ (ZMQ), die für das Verbindungsmanagement üblich ist, wenn mehrere unterschiedliche Ziele und Programmiersprachen verwendet werden. Darüber hinaus wurde für Debugging- und Kontrollzwecke eine Benutzeroberfläche entwickelt, die lokal auf den PXI-Systemen läuft. Ein Simulationsmodus ermöglicht das Testen und Experimentieren mit der API auch ohne Hardwarezugriff.
Das Ziel von NOFFZ war es, ein vollständiges Software-Framework zu entwickeln, das eine Abstraktion von komplexer RF-mmWave-Hardware ermöglicht und mit einfachen APIs arbeitet. Dies macht es Benutzern leicht, die Geräteauslastung zu maximieren. Das NI-mmWave-Sende-Empfangs-Gerät-System ist ein handelsübliches, softwaredefiniertes Funkgerät mit API-Unterstützung für NI LabVIEW und ein einfaches Beispiel-Streaming-Projekt. Um neue Wellenformen für ein JC&S-System zu finden, sind neue Vorschläge erforderlich, die auf orthogonalem Frequenzmultiplex (OFDM) oder frequenzmodulierter kontinuierlicher Welle (FMCW) basieren. Im technischen Detail erforderte dies die Entwicklung von FPGA-Ergänzungen, die den Onboard-DRAM für höhere Abtastgrößen und Signalkorrekturen öffnen.
Zusammenfassung und Ausblick
Theoretisch basieren drahtlose Kommunikation und Radarerfassung auf demselben physikalischen Phänomen – nämlich der Ausbreitung elektromagnetischer Wellen – und können daher dieselbe Wellenform, dasselbe Spektrum und dieselbe Hardware verwenden. In der Praxis erfordert dies jedoch umfangreiche Forschung und Prototypenerstellung.
Mit dem zuvor beschriebenen mmWave-Testsystem konnten die Forscher des Barkhausen-Instituts erste Meilensteine erreichen. Die modulare Plattform ermöglichte es ihnen, Kommunikationsalgorithmen zu testen und ihr Konzept zu demonstrieren. Einige Ergebnisse zu Chirp-basierten Wellenformen und HF-Hardware-Herausforderungen wurden bereits in von Fachleuten begutachteten Artikeln veröffentlicht. Die Umsetzung in einem automobilen oder anderen Anwendungsfall hängt letztlich von der Wirtschaftlichkeit des gemeinsamen Funktionssystems ab. Die Entwicklung und Implementierung der Python-API und FPGA-Ergänzungen durch wird den Prozess hoffentlich beschleunigen.
Informationen zum Autor:
Thomas Magruder, Geschäftsführer, NOFFZ Technologies USA Inc. thomas.magruder@noffz.com +1 512 692 7137 NOFFZ Technologies USA Inc. 2808 Longhorn Blvd, Suite 308 Austin, TX 78758, USA,
Milos Radulović, Geschäftsführer, NOFFZ-Forsteh Technologies d.o.o., Belgrad, Serbien,
Markus Solbach, Director Sales & Marketing, Geschäftsführer, NOFFZ Technologies, Tönisvorst, Deutschland,
Vanessa Blumenstein, Technical Marketing Manager, NOFFZ Technologies, Tönisvorst, Deutschland,
Dr. Tim Hentschel, Geschäftsführer, Barkhausen Institut gGmbH, Dresden, Deutschland
Referenzen:
(1) https://www.barkhauseninstitut.org/en/research/research-topics/joint-radar-and-communication, 09. Juni 2021
(2) © Lichtwerke Design Fotografie, mit freundlicher Genehmigung des Barkhausen-Instituts